Verletzungen im Fußball
Als dynamische Kontaktsportart mit vielen körperlichen Duellen, kurzen Sprints, komplexen Bewegungsabläufen, Sprüngen, schnellen Richtungswechseln und Antritten sowie abrupten Abstoppbewegungen ist Fußball ein sehr verletzungsträchtiger Sport. Durch mangelnde äußere Protektion, ungenügendem Aufwärmen und auch abhängig vom individuellen körperlichen Zustand, den Witterungsbedingungen sowie den Platzverhältnissen kann die Verletzungsgefahr oft zusätzlich erhöht sein.
Als Fußballfan hört und liest man in den Medien täglich über Verletzungen im Fußball. Akute Blessuren, aber auch chronische Überlastungsschäden führen oft zu unterschiedlich langen und immer unerwünschten Ausfallszeiten. Hierbei handelt es sich bei ca. jeder vierten Verletzung um eine Rezidivverletzung. Während im Fußball die Sprunggelenksverletzungen zusammen mit den Verletzungen des Oberschenkels und des Kniegelenks am häufigsten vorkommen, können selbstverständlich auch andere Körperregionen betroffen sein.
Am Kopf überwiegen die akuten Verletzungen, so zum Beispiel Prellungen und Frakturen der Gesichtsknochen (Jochbein, Nasenbein etc.). Hier sei unter anderem an Bundesligaspieler wie Robert Lewandowski, Neven Subotic, Marcel Schmelzer, Klaas-Jan Huntelaar, Benedikt Höwedes oder Michael Ballack erinnert, die schon mit einer Gesichtsmaske aufliefen. Eine andere Art von Kopfschutz hat Petr Čech zu seinem Markenzeichen gemacht. Nachdem er sich im Oktober 2006 im Premier-League-Spiel gegen den FC Reading bereits 16 Sekunden nach dem Anpfiff bei einem Zusammenstoß mit einem Gegenspieler einen Schädelbasisbruch zuzog und am selben Tag sogar noch operiert wurde, spielt er seither immer mit einem speziell für ihn angefertigten Kunststoff-Helm.
Am Kopf kommt es ansonsten immer wieder auch zu Platzwunden (z.B. Bastian Schweinsteiger 2014 und Thomas Müller bei der WM 2014 in Brasilien) und etwas seltener zu Schädel-Hirn-Traumata, wozu auch die Gehirnerschütterungen zu zählen sind. Als prominentes Beispiel für eine erlittene Gehirnerschütterung wäre Christoph Kramer im WM-Finale 2014 zu nennen.
An den oberen Extremitäten, den Armen, ereignen sich akute Verletzungen meistens durch einen Sturz. Schulterluxationen (z.B. Kyriakos Papadopoulos 2014), Schultereckgelenkssprengungen (z.B. Franz Beckenbauer 1970, Cacau 2007), Schlüsselbeinbrüche (z.B. Bastian Schweinsteiger 2011), Ellenbogenausrenkungen (z.B. Carles Puyol 2012) oder Brüche der Mittelhand (z.B. Benedikt Höwedes 2015, Daniel Baier 2015, Marcel Schmelzer 2014), der Handwurzel (z.B. Pawel Olkowski 2015, Johan Audel 2013) oder des Unterarmes (z.B. Julian Draxler 2012) sind hier beispielhaft zu nennen. Vor allem bei Torhütern findet man des Weiteren oft Verletzungen der Finger im Sinne von Brüchen, Ausrenkungen oder Kapselläsionen.
Akute Verletzungen des Rumpfes kommen im Fußball seltener vor und es handelt sich meistens um Prellungen, zum Beispiel der Rippen oder der Wirbelsäule. Dennoch kann es hier aber auch zu Brüchen kommen, so wie es zumindest laut Medienberichten bei der Weltmeisterschaft 2014 in Brasilien beim brasilianischen Superstar Neymar geschehen sein soll. Rene Adler zog sich ein paar Wochen vor der WM 2010 einen erneuten Rippenbruch zu und musste sogar in der Folge operiert werden. Am Rumpf sind Muskelverletzungen seltener, vereinzelt kann hier die Bauchmuskulatur betroffen sein (z.B. Diego 2013, Robert Mak 2012, Peer Kluge 2011). Muskelverletzungen lassen sich auch im Leisten- und Beckenbereich finden (z.B. Sebastian Rode 2015), hier überwiegen jedoch die chronischen Leistenbeschwerden, die unterschiedliche Ursachen haben können, aber immer wieder auch auf eine sogenannte Schambeinentzündung zurückzuführen sind (z.B. Mario Götze 2012).
Am häufigsten verletzt sind bei Fußballer die unteren Extremitäten, die Beine. So handelt es sich zum Beispiel bei jeder fünften Fußballverletzung um eine Sprunggelenksverletzung. Statistisch gesehen und auch erfahrungsgemäß ist im Profifußball pro Mannschaft und Saison mit ca. fünf bis sechs Sprunggelenksverletzungen zu rechnen. Der Unfallmechanismus ist meistens ein Umknicken, mehr als drei Viertel der Verletzungen am Sprunggelenk betreffen das Aussenband, während das Innenband, das sogenannte Deltaband, seltener verletzt ist. Ebenfalls eher selten ist die begleitende oder auch isolierte relevante Verletzung der Syndesmose, der Bandverbindung zwischen Schien- und Wadenbein, welche für die Stabilität der Knöchelgabel eine große Rolle spielt. Dennoch sollte immer eine entsprechende Abklärung der Syndesmose stattfinden, was sehr gut mittels einer Ultraschalluntersuchung möglich ist. Spätestens nachdem ein Syndesmosenriss Michael Ballack die WM 2010 kostete und Marco Reus vor der WM 2014 ein ähnliches Schicksal ereilte war die Syndesmose in aller Munde.
An den unteren Extremitäten und vor allem im Knöchelbereich können sicherlich auch Brüche vorkommen. Vor einigen Wochen sorgte zum Beispiel die schwere Verletzung des Gladbachers André Hahn, der sich nach einem Foul u.a. einen Bruch des äußeren Schienbeinkopfes zuzog, für Schlagzeilen in den Medien. Eine Sonderstellung unter den Brüchen nehmen die sogenannten Ermüdungsbrüche ein, die oft auf eine chronische Über- und Fehlbelastung zurückzuführen sind und meistens an der Fußwurzel und am Mittelfuß gefunden werden (z.B. David Alaba 2012, Vedat Ibisevic 2014).
Muskelverletzungen gehören insgesamt zu den häufigsten Verletzungen bei Fußballern und sind meistens an der Oberschenkel- und Wadenmuskulatur zu finden. Man unterscheidet bei den traumatischen Muskelverletzungen zwischen Muskelprellungen, Muskelzerrungen, Muskelfaserrisse, Muskelbündelrisse und Muskelrisse. Akute Sehnenverletzungen sind im Fußball ebenfalls möglich, wenn auch etwas seltener (z.B. Ömer Toprak 2015). Einen Riss der Achillessehne zog sich David Beckham 2010 zu und verpasste hierdurch die WM in Südafrika.
Zu guter Letzt wären noch die Knieverletzungen zu nennen, die im Fußball zahlreich vorkommen und gerne in den Medien aufgegriffen werden. Kreuz- und Seitenbänder (z.B. Sami Khedira 2013), Menisken (z.B. Gonzalo Castro 2015, Piotr Trochowski 2015, Timothy Chandler 2015), der Knorpel (z.B. Daniel Didavi 2012, Mohammed Abdellaoue 2014) und die Kniescheibenbänder (z.B. Robin Yalcin 2010 und 2012) sind am Kniegelenk Strukturen, die akut gefährdet sind. Chronische Problematiken entstehen oft an der Patella- oder der Quadricepssehne, aber auch am Knorpel und den Menisken.
Ungeachtet davon welche Körperregion betroffen und welche Struktur akut oder chronisch verletzt ist, bedarf es, nach vorheriger sauberer Diagnostik, eine optimale ärztliche und oft auch physiotherapeutische Behandlung. So kann die Ausfallszeit aus dem Mannschaftstraining und dem Spielbetrieb so gering wie möglich gehalten werden, das Risiko einer Rezidivverletzung wird reduziert und es können Folgeschäden vermieden werden.
Dr. med. Simeon Geronikolakis